In 40 Jahren 102.137 km gesegelt  -  Bericht eines Fahrtenseglers

Von Christa und Dieter Harnisch

 

Alles fing zunächst mit einem Paddelboot an und ging seit 1958 mit einem „Pirat“ und  dann mit einem 15er Jollenkreuzer weiter. 1959 die erste Fahrt zur Müritz durch Berlin, 1961 die zweite zur Müritz. Rückkehr 14Tage vor dem Mauerbau. Aber die Sehnsucht nach der Müritz blieb. 1964 zeichnete sich eine Möglichkeit ab, denn es gab ja noch die Oder. Man sagt zwar, das sei ein Abenteuer, aber wir wollten uns dem aussetzen. Zunächst unter Motor mit der „Nixe“, 1,25 PS, bis Wernsdorf, dann im Schlepp eines Schiffes bis Eisenhüttenstadt. Am nächsten Morgen folgte die Suche nach einem Grenzkommandanten zur Ausstellung eines Passierscheins (PM18) zum Befahren der Oder. Start gegen 10.00 Uh, 115 km bis Hohensaaten. Temperatur 30 Grad, Niedrigwasser. Übernachten vor der Schleuse. Am nächsten Tag Weiterfahrt bis zur Müritz.
 

Aber drei Wochen Urlaub gehen ja schnell zu Ende. Die Rückfahrt bis zum Pälitzsee unter Segel und im strömenden Regen mit Motor. Insgesamt drei Tage bis Hohensaaten. Weiterfahrt im Schlepp am nächsten Morgen bis Eisenhüttenstadt,  insgesamt etwa 20 Stunden. Auf der Oder großes Plünnentrocknen. Ab Eisenhüttenstadt war die „Nixe“ wieder gefragt. „Ihr segelt doch immer soviel“, sagte ein Fahrtenobmann zu uns, „schreibt das doch mal auf“. Das war dann die Geburtsstunde unseres ersten Fahrtenbuches. Weitere Fahrten folgten im Schlepp und mit eigener Kraft über die Oder - insgesamt 21 Mal stromab und stromauf.



Ausserdem entstand daraus dann unsere Scharmützelseefahrerei. Start war Sonnabendmorgen 6.00 Uhr vom Seddinsee, die Rückfahrt sonntags 7.00 Uhr. Der hauptsächliche Grund dafür war die Flucht vor dem auch damals schon ansteigenden Motorbootverkehr auf den Berliner Gewässern.



Der zweimalige Landtransport zur Küste sollte uns die Küstengewässer näher bringen und eröffnete uns ein neues Segelrevier. Endlich 1990 war es dann soweit, dass wir in Richtung Westen unserer Heimatstadt aufbrechen konnten. Eine Karte für die Havel hatten wir ja noch, bloß die Einfahrt zum Teltower Kanal endete in einem weißen Fleck. Schließlich fand sich noch eine alte Streckennetzkarte der U-Bahn, auf der auch der Teltowkanal dargestellt war. Nach dem Passieren von drei Kontrollpunkten am 30. April kam dann die Glienicker Brücke in Sicht. Die Ansegelfeier mit unseren Westberliner Kameraden am 1. Mai war der schönste Feiertag unseres Lebens.



Die sich nun anschließenden Urlaubsfahrten ohne Oder-Umweg hatten jetzt eine andere Qualität, wobei der Scharmützelsee nicht vergessen wurde. Als wir dann im Kreise von Kameraden wieder die Aufforderung hörten: „Schreibt das doch mal auf!“, waren wir selber erstaunt, was sich in 40 Jahren in unseren Fahrtenbüchern so alles angesammelt hatte. Wir stellten fest, dass wir in diesem Zeitraum 102 137 km gesegelt waren. Wir hatten 6 186 Mal den Mast gelegt und waren 3 677 Mal geschleust worden.



Mit der Verleihung der Goldenen Seglernadel des Berliner Seglerverbandes wurden die vier Jahrzehnte unserer Segelei ausgezeichnet. 2007 war die 50.Saison mit unserem „Seewolf“ P 319, den 1. Platz im Berliner Fahrtenwettbewerb erlangten wir zum 25. Mal.