Fahrtensegeln alternativ – Reisen mit dem Trailerboot

Von Peter Krause

Nachdem wir mit unserem 20 qm-Jollenkreuzer - Baujahr 1956, Eiche, gebraucht gekauft – in den Jahren 1990 bis 1994 das heimische Dahmerevier, den Müggelsee und den Zeuthener See sowie auf längeren Urlaubsreisen den Scharmützelsee, die Müritz und den Werbellinsee kennengelernt hatten, waren wir uns sicher: wir wollen segeln, solange es unsere Kräfte und unsere Gesundheit erlauben - und das nicht nur vor der Haustür. Daraus ergab sich zwangsläufig der Wunsch nach einem für die Ostsee geeigneten Boot mit mehr Komfort. Zu dieser Zeit waren wir beide noch berufstätig und das in Jobs ohne geregelten Feierabend, so dass uns für längere Reisen auf eigenem Kiel nur der Urlaub zur Verfügung stand. Außerdem war diese Zeit wegen des Gartens und fehlender „Hobbyhausmeister“ für Haus und Hof auf maximal 4 Wochen begrenzt.

Aus unseren Langfahrten und auch aus Gesprächen mit Segelkameraden wussten wir, dass man z. B. für die Anfahrt zur Ostsee mit gelegtem Mast über Stettin etwa drei Tage braucht, wenn man es nicht zu hektisch angeht. Die gleiche Zeit ist für die Rückreise anzusetzen. Für die An- und Abreise wären also fast 25% unserer Zeit verbraucht. Bei entfernteren Zielen z.B. in Schweden oder Dänemark wäre diese Zeit noch erheblich länger, obwohl in diesem Fall die Reise ab Stettin unter Segeln stattfinden würde. Von erfahrenen Seglern wussten wir, dass man wegen des Wetterrisikos 1/3 der zur Verfügung stehenden Zeit für die Anreise und 2/3 der Zeit für die Rückreise einplanen sollte, wenn man zu einem festen Termin wieder zu Hause sein muss. Die oft gehörte Meinung, dass ja der Urlaub beginnt, wenn man das Boot am heimatlichen Steg abbindet, wollte uns nicht so richtig einleuchten und hat sich für uns nicht bestätigt, nachdem wir mehrmals den Oder-Havel-Kanal auf eigenem Kiel passiert haben.
 

Auf Grund dieser Überlegungen stand für uns fest, dass wir uns nach einem Boot umsehen wollten, dass mit eigenem Zugfahrzeug trailerbar ist.

 

Mit der HAI 760 von der Nauticplast-Werft in Bielefeld haben wir dann im Jahre 1994 auf der Hanse-Boot in Hamburg das Boot gefunden, dass unseren Wünschen am Besten gerecht wurde.

Vor dem Verladen in Rostock-Warnemünde 


Am Beispiel unserer im Jahre 2005 absolvierten Reise durch den Dalslandkanal, einem riesigen, durch Kanäle verbundene Seengebiet nordöstlich von Göteborg, das letztendlich in den Vänern mündet, möchten wir hier über die Erfahrungen unserer alternativen Fahrtensegelei berichten. Ähnliche Reisen haben wir zum Mälaren mit Stockholm und dem Stockholmer Schärengarten, zur Dänischen Südsee und immer wieder zur Mecklenburgischen Ostseeküste unternommen.

Die Reisevorbereitung beginnt wie bei jedem Boot mit dem Bunkern und dem Mastlegen, dass man auch nach der Arbeit unter der Woche erledigen kann. Schon im frühen Frühjahr (Frühbucherrabatt!) hatten wir die Fährpassage von Warnemünde nach Trelleborg und zurück gebucht. Nachdem das Boot am Tag vor der Fährpassage per Kran auf den Trailer verladen war, starteten wir so, dass wir am Abend vor der für morgens gebuchten Passage auf dem Parkplatz des Fährterminals ankamen. Da unser Boot auf dem Trailer wie ein Wohnwagen genutzt werden kann, übernachteten wir auf dem Parkplatz ohne Probleme und waren so zur vorgegebenen Verladezeit zur Stelle.

Das Verladen war perfekt organisiert, so dass auch ein Neuling nichts falsch machen kann. Durch Einweiser wurden wir zentimetergenau an unseren Platz im Ladedeck zwischen LKW, Pkw, Wohnmobilen und Wohnanhänger-Gespannen dirigiert. Danach konnten wir die etwa 6-stündige Überfahrt bei einem ausgiebigen Frühstück im Bordrestaurant bei fantastischem Blick auf den vorbeiziehenden Darss und später auf die Insel Mön genießen. Mittags in Trelleborg angekommen, ging das Entladen genauso problemlos vonstatten. Nach etwa 500 km über die Autobahn waren wir abends auf dem vorher ausgesuchten Campingplatz am Stadtrand von Göteborg, wo wir mit unserem etwas ungewöhnlichen „schwimmfähigen Wohnanhänger“ einiges Aufsehen erregten. Am nächsten Morgen ging es weiter. Um 15.00 Uhr hatten wir das Boot in Nössemark am 30 km langen See Stora Le, unserem Startpunkt für die Dalslandreise, am Haken und abends war der Mast gestellt.

Nun konnte unsere Reise durch ein idyllisches Seengebiet beginnen. Im östlichen Teil fanden wir eine fast unberührte, ziemlich menschenleere Landschaft vor, die nur selten von kleinen Ortschaften unterbrochen wurde. Besonders reizvoll waren die Schären, an denen wir oft zum Übernachten vor Heckanker festmachten. In dieser Einsamkeit konnte die Bootsfrau ungeniert  ihre Gitarre hervorholen, nur einige Wasservögel schienen die Musik als störend zu empfinden. Das Wasser der sehr tiefen Seen ist außerordentlich klar und die gesamte Infrastruktur optimal auf die Bedürfnisse von Wassersportlern ausgerichtet. Auf der gesamten Tour können alle Schleusen und Brücken mit gestelltem Mast passiert werden.

Nach insgesamt 463 km (davon 326 km gesegelt) und 30 passierten Schleusen erreichten wir unseren Zielort Sunnana am Väner-See. Da wir die eingeplanten Reservetage nicht gebraucht hatten, konnten wir hier noch zwei herrliche Segeltage verbringen. Dann wurde das Boot verladen und die Rückreise über Land begann. Etappenziel war wieder „unser“ Campingplatz in Göteborg, denn wir hatten noch 3 Sightseeing-Tage in Göteborg eingeplant. Am Abend vor der geplanten Fährpassage waren wir wieder auf dem Parkplatz vor dem Fährterminal in Trelleborg. Nach einer „traumschiffmäßigen“ Überfahrt trafen wir mittags in Warnemünde ein und schwammen abends wieder in unserem Heimathafen, allerdings noch mit gelegtem Mast.

Fazit dieser Reise ist: Man hätte dieses Revier auch auf eigenem Kiel erreichen können, aber man hätte mit Sicherheit den ganzen Sommer dazu gebraucht.